Montag, 29. Juli 2013

Unser Liebling: Restaurant Clara in Erfurt


Noch unter dem Eindruck eines völlig gelungenen Abends kann ich heute zu meiner eigenen Freude endlich ein Restaurant in unserer nahen Umgebung vorstellen und uneingeschränkt empfehlen.
Das Restaurant Clara in Erfurt befindet sich im Kaisersaal nahe der Krämerbrücke. Die Küche wird seit diesem Jahr von Maria Groß geleitet, einer jungen Thüringerin, die nach einigen Stationen in Deutschland und der Schweiz wieder in ihrer Heimat angekommen ist. Während unserer kleinen kulinarischen Reise wurden wir außerdem von der nicht nur passionierten und fachkundigen sondern auch sehr sympathischen Sommelière Marta Hüller und von einer weiteren jungen und herzlichen Dame umsorgt. Besonderes Augenmerk legt man im Clara auf das Einbinden regionaler Produkte, die man in Form zweier verschiedener Menüs zu vier bis sieben Gängen genießen kann. Preislich muss man dabei mit etwa 55 bis 95 € rechnen, was nach unserer Einschätzung einem wirklich sehr guten Preis-Leistungs (oder Genuss? :))-Verhältnis entspricht.

 Jedes Detail unseres Besuchs hat dazu beigetragen, dass wir uns absolut willkommen und als geschätzte Gäste gefühlt haben. Auf jede meiner zahlreichen Fragen an Köchin, Sommelière oder Bedienung wurde mit Freude eingegangen und die Details über enthaltene Aromaten, die emsig genutzten regionale Produkte und deren Bezugsquellen sowie die wunderbaren begleitenden Weine wurden von mir natürlich begierig aufgenommen.
Was aber hat dazu beigetragen, dass man sich in diesem Hause so willkommen gefühlt hat? Leider macht man in gehobenen Restaurants manchmal die Erfahrung, dass man sich in der Steifheit etwas deplatziert fühlt. Das war hier absolut nicht der Fall und nur so kann man doch ein perfektes Essen auch wirklich genießen. Dass man herzlich im Restaurant willkommen geheißen wird, ist ja selbstverständlich; das offene Lächeln und der herzliche Umgang mit dem Gast sind es nicht - hier bekommt man beides trotzdem. Dass die Köchin während des Menüs zweimal zu den Gästen an den Tisch kommt und sich vorstellt bzw. dem Gast Gelegenheit für Lob und Fragen gibt, fand ich ganz wundervoll. Denn Fragen habe ich immer. Außerdem ist es schön, die Person, von der man einen ganzen Abend kulinarisch verwöhnt wird, auch einmal kennenzulernen. Maria Groß ist uns gestern als sehr begeisterungsfähige, aufgeschlossene und charmant-chaotische Frau begegnet. Ein weiterer Punkt, der zum besonderen Ambiente beiträgt, sind kleine Details, die bei jedem Gang vom Service separat am Tisch auf den Teller gegeben werden, sei es eine Essenz zur Vorspeise, die Suppen beim Suppengang oder die Saucen zum Dessert. Dieses sich über das gesamte Menü ziehende Motiv trägt wesentlich zum gelungenen Gesamtbild bei. Auch das kleine Präsent beim Abschied, das selbst gebackene Brot und die zusätzlichen kleinen Gänge (was für ein Leckerchen-Teller nach dem Dessert! Chapeau!) tun das.
Nun noch ein paar kleine Worte zur Weinbegleitung. Man kann zum normalen Saisonmenü oder zu seinem Überraschungsmenü jeweils eine Weinbegleitung mit Wasser und Kaffee ordern und ich würde das nach meiner Erfahrung gestern jedem ans Herz legen. Ausgewählt werden die Weine von der Sommelière Marta Hüller, die zu jedem Gang ein Gläschen einschenkt und einige Worte dazu sagt. Meine Weine waren am gestrigen Tag allesamt wundervolle Begleiter der Speisen und auch als Solisten ein Genuss. Was mir besonders gefallen hat, war der Mut, einen Wein auch mal etwas überraschend auszuwählen. So bekam die Jakobsmuschel mit Mandelsauce, diese mit einer kräftigen Süße, einen rosé Cabernet Sauvignon mit viel Frucht und harmonischer Säure an die Seite, der einfach grandios zum Gericht passte - aber sicher nicht die einfachste und herkömmliche Wahl ist.

Vorspeise rund um die Erbse: kaltes Süppchen, Gelee, Püree, Pralinen. Begleitung von Kokos, Koriander, Minze und Apfel.


Nun aber zu unseren Gerichten. Ich habe mich für fünf Gänge des saisonalen Clara-Menüs entschieden, Micha hat natürlich das Surprisemenü gewählt, dabei ebenfalls fünf Gänge. Nach Knabbereien, selbst gebackenem Brot mit verschiedenen Begleitern und einem amuse geule, das tatsächlich sehr neugierig und ganz viel Lust auf das Menü machte, begannen wir dann beide mit einer Saiblingsvorspeise. Mein Tatar mit Pinienkernen wurde begleitet von einem milden Oliveneis, einer Joghurtblase (sehr harmonisches Detail aus der Molekularküche), etwas Waldmeisteressenz und einem mit Joghurtcreme, Waldmeister und Kräutern gefülltem Gurkenröllchen. Dazu gab es einen regionalen Wein aus Freyburg an der Unstrut. Auch über dieses Detail der Verbundenheit zu regionalen Produkten habe ich mich gefreut. Der Riesling Kabinett des Weinguts Pawis passte jedenfalls wie alle folgenden Weine exzellent zum entsprechenden Gang. Michas Saibling wurde auf zwei Varianten serviert: gebeizt und als Tatar. Dazu gab es etwas Salat und den gebeizten Saibling auf einem kleinen Blätterteig. Am Tisch für Micha gab es dann ein zitrusaromatisiertes Pulver dazuserviert.

Unsere Zwischengänge beinhalteten jeweils eine Suppe (was für ein lapidares Wort für diese beiden Flüssigkeiten...) und spannen sich rund um die Hauptakteure Jakobsmuschel bzw. Schweinebauch. Meine Jakobsmuschel wurde also vom bereits angesprochenen chilenischen Cabernet Sauvignon rosé begleitet und hat mich nach der Ankündigung der Karte "Jakobsmuschel/Kakao/Mandel" trotzdem noch überrascht und war für mich das Highlight des Abends. Serviert wurden zwei gebratene Jakobsmuscheln mit etwas Kakaobohnenbruch in einer kleinen Glasschale. Darüber goss mir dann der Service eine hocharomatische, samtige Mandelsauce. Diese Kombination war einfach wundervoll und endlich mal etwas völlig anderes mit meiner innig geliebten Jakobsmuschel. Michas Teller war zuerst einmal ein weiteres optisches Spektakel und wartetet mit Schweinebauch, rote Bete, Spargel und verschiedenen Karottenkomponenten auf. Sehr gelungen!

Zwischengang beim grünen Dinner: Avocadoterrine mit Orange, Basilikumsorbet, Garnele und Langostino, Kräutercreme.




Bevor wir uns dann unserem Fleischgang widmeten, gab es noch ein neckisches kleines Basilikumsorbet mit prickelndem Pulver. Und dann ging der Genuss mit Lamm und Reh in die nächste Runde. Ich muss schon sagen, dass ich doch ganz schön Glück habe, dass ausgerechnet meine zwei Lieblingsfleischsorten auf unseren Tellern landeten. Mein Reh wurde diesmal von einem 2008er australischen Shiraz begleitet und geschmort sowie kurzgebraten serviert. Das Filet kam im Schinkenmantel mit einer Art Gremolata mit Kaffeearoma. Dazu gab es ein leicht fruchtig-säuerliches Püree (vielleicht mit Apfel) und ein perfekt weich geschmortes Stück mit hocharomatischer Sauce, dabei etwas Rotweinreduktion und Schalotten. Ich glaube unter den vielen Komponenten auf meinem Teller noch eine Waldmeistercreme erkannt zu haben. Für Micha also Lamm in ähnlicher Weise: kurzgebraten mit Kräutermantel und himmlisch weich geschmort mit aromatischer Sauce. Für uns beide gab es eine Marsala-Sauce hollandaise mit Nussbutter, Apfelgratin und eins der weiteren Highlights des Abends separat dazu: weiße Polenta mit leichtem Trüffelaroma in himmlischer Konsistenz und in ihrer Einfachheit perfekt abgeschmeckt und mit viel Liebe und Zeit zubereitet. Dass unser Fleisch in beiden Formen absolut perfekt zubereitet war, war für uns nach den ersten Gängen keine Überraschung mehr. Dass Maria Groß die Grundlagen ihres Handwerks beherrscht, merkt man mit perfekten Saucen, Suppen und Jakobsmuscheln ja schon vorher.

erster Hauptgang: sous vide Kaninchen mit Kräutern, Hollandaise, Kräuterbrioche mit Minigurken und frittierter Rosmarin.

Vor dem großen Finale hatten wir nun beide noch einen Käsegang. Für mich eigentlich unglaublich, dass sich auf meinem Teller dann zwei REGIONALE Ziegenkäse befanden. Es ist ja leider schon schwer genug, in unserer Umgebung Ziegenkäse aufzutreiben, aber Ziegenkäse von guter Qualität zu finden war für mich bisher ein Ziel, an dem ich mir die Zähne ausgebissen habe. Nun hatte ich also einen Ziegenfrischkäse und einen gereiften Hartkäse auf dem Teller, die beide mit kräftigem Aroma und toller Konsistenz bestachen. Daneben einige getrocknete Limettenchips und eine Madeirareduktion: perfekt. Dazu eine edelsüße Riesling Spätlese mit überraschender Säure und Spritzigkeit. Für Micha gab es eine mit französischem Weichkäse gefüllte Mispel, lauwarm und ebenfalls mit Madeirareduktion, außerdem dazu ein Pinienkern-Früchtebrot.

Und in Erwartung des großen süßen Finales gab es nun tatsächlich noch ein Vordessert für uns: pochierte Vanillecreme mit (perfektem!) Karamell. Handwerklich natürlich tadellos umgesetzt aber eben eine Vanillecreme, die beim Anblick des Desserttellers dann doch schnell in Vergessenheit gerät. Nachdem ich an diesem Abend mit Saibling, Jakobsmuschel, Ziegenkäse, Reh und Lamm schon einige meiner Lieblinge auf dem Teller hatte, gab es endlich, ENDLICH mein heiß ersehntes Rhabarberdessert. Dazu servierte mir Frau Hüller einen rosé Champagner zum Niederknien und avancierte damit endgültig zu meiner neuen besten Freundin. Danke! Nun aber zu meinem wunderschönen Dessertteller. Rhabarber hatte ich in knackiger Form, leicht geschmort und als Mousse vertreten. Die Mousse im Gläschen auf einer Panna Cotta wurde von einigen Würfelchen geschmorten Rhabarbers gekrönt. Dazu gab es eine Biskuitschnitte mit knackigen Rhabarberscheiben, die am Tisch mit dem selbst gemachten Eierlikör übergossen wurde. Nebenan einige Streuselchen und ein leckeres Beerensorbet (Erdbeer und Himbeer). Michas Dessert drehte sich rund um Erdbeere und Buttermilch: zu gefrorenen Erdbeerscheiben gab es auf einem Buttermilchspiegel ein Erdbeersorbet im Schokoladencornet, frische Erdbeeren und einen Vanilleschaum. Möglicherweise habe ich hier Details vergessen, was den Umständen geschuldet ist, dass Micha das Dessert in beispiellos kurzer Zeit verschlungen hat und ich einfach die Augen und die Geschmacksknospen nicht von meinem Rhabarbertraum lassen konnte.

Dessertelement: Buttermilchkäseküchlein mit Meringue, Himbeeren, Limetten und Stachelbeeren. Dazu: Mokkaeiscreme auf Schokoladenganache mit frischem Espresso aufgegossen.









Zum Abschluss kam dann zum Kaffee noch eine üppig mit Leckereien beladene Platte, die Gebäck (ja, Macarons!), Schokolade, Himbeeren und wirklich viele Details enthielt.

Alle Gänge waren handwerklich perfekt mit wunderbaren Zutaten zubereitet. Aber sie waren auch schöner angerichtet als alles, was wir je auf unseren Restauranttellern hatten. Es wurde harmonisch mit den Aromen gearbeitet, es gab kulinarische Überraschungen und es gab Kreativität im Umgang und der Kombination mit und von Aromen. Mehr kann man von einem Restaurantbesuch kulinarisch nicht erwarten (natürlich gemessen an Karte, eigenem Anspruch und Sternen)! Umso schöner, dass dieses grandiose Essen durch Sommelière, Service und liebevolle Details auch zu einem perfekten Abend umgesetzt wurde.


Der hier besprochene Besuch liegt schon einige Wochen zurück und ich veröffentliche ihn heute, weil ich nun zusätzlich einige Bilder von einem Dinner im Grünen in der Clara veröffentliche, bei dem wir mit fünf Gängen in grün und vielen weiteren Leckereien verwöhnt wurden - auch dieses Erlebnis war wunderbar und fast wie ein Essen bei Freunden. Zugegeben: bei Freunden, die sehr gut kochen. Die Bilder wurden nicht von uns aufgenommen sondern wurden mir netterweise vom Team der Clara selbst zur Verfügung gestellt.

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